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BERICHTERSTATTUNG, DIE VERLETZT

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FÜR VIELFALT IN DEN MEDIEN 

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ALBERTINA PANGULA

ENDLICH EINE SERIE, IN DER EINE LESBISCHE SCHWARZE FRAU SIE SELBST SEIN DARF


Fatou, gespielt von Sira-Anna Faal, ist keine »Angry Black Woman« - sondern eine junge Frau, die mit Liebe, Familie und Schule struggelt. So wie wir alle. (Foto: Funk)



Die meisten deutschen Serienproduktionen präsentieren kaum diverse Charaktere. DRUCK will das ändern: Die Schauspielerin Sira-Anna Faal spielt die junge, queere afrodeutsche Fatou Jallow. Unsere Gastautorin hat sich die Serie angeschaut.


Schwarze Frauen werden häufig mit Begriffen wie »laut«, »wütend« oder auch »aggressiv« beschrieben, wenn sie ihre Meinung kundtun. Man nennt das Phänomen auch »Angry Black Woman«. Ihr selbstbewusstes Auftreten wird mit negativen Bezeichnungen in Verbindung gebracht, um sie zu marginalisieren. Auch in der Medienlandschaft werden Schwarze, weibliche Charaktere oft in zwei Kategorien gesteckt: Entweder sie arbeiten als Putzkraft wie Octavia Spencer in »The Help«, oder sie sind die (lustige) beste Freundin von weißen Hauptdarsteller:innen wie Regina King in »A Cinderella Story«.


Wenn Schwarze Personen ausnahmsweise in Machtpositionen dargestellt werden, wie Viola Davis in »How To Get Away With Murder«, dann werden sie mit männlichen Eigenschaften besetzt und ihre feminine und verletzliche Seite wird ihnen grundlegend abgesprochen.


In deutschen Produktionen sind Schwarze Schauspieler*innen kaum vorzufinden. Denn die meisten Rollen sind nicht für PoCs gedacht. Es entsteht eine verzerrte Abbildung einer vermeintlichen Realität, in der Schwarze und PoCs nicht vorhanden sind und deren Lebenswirklichkeit nicht wiedergegeben wird. Deshalb ist die sechste Staffel der Youtube-Serie DRUCK von den Regisseurinnen Sarah Blaßkiewitz und Joya Thome ein lobenswerter erster Schritt, um eine vorbildhafte Diversität in den deutschen Medien zu präsentieren.


ALLES WAS EINE NORMALE COMING-OF-AGE STORY BRAUCHT: LIEBE, FREUNDSCHAFT UND SCHULE


DRUCK ist eine Webserie von Funk, dem Jugendangebot von ARD und ZDF. Täglich werden neue Clips auf Youtube hochgeladen, die dann am Ende der Woche zusammengefügt als komplette Episode erscheinen. In der neuesten Staffel geht es um die Schülerin Fatou Jallow. Sie geht in die Oberstufe und verbringt ihre Freizeit überwiegend mit ihren Freunden. Es geht um Liebe, Freundschaft, Familie und die Schule. Das hört sich zunächst nach einer typischen Coming-Of-Age-Story an, bis klar wird, dass Fatou eine lesbische Schwarze Frau ist. Was in der Realität mit Mehrfachdiskriminierung einhergeht, wird in der Serie als Norm dargestellt. Doch wie realitätsnah ist die Darstellung einer queeren Schwarzen Frau in Deutschland?


Fatous Schwarzsein ist in der Serie eine Nebensächlichkeit; sie muss keine Kämpfe führen aufgrund ihrer Hautfarbe. Das Thema Rassismus wirft stattdessen ihre beste Freundin Ava auf, die von einer dark skinned Schwarzen Frau gespielt wird. Das Thema Haare nimmt in der afrikanischen Diaspora einen großen Raum ein, denn das Tragen von Afrohaaren gilt als politisches Statement. In vielen Serien und Filmen glätten Schwarze Frauen ihre Haare mit chemischen Mitteln oder tragen eine Perücke. Nicht Fatou und Ava. Sie tragen afrikanische Flechtfrisuren wie Locs, Passion Twist oder Cornrows. Und ihr afrikanischer Ursprung zeigt sich nicht nur durch die Haare, sondern zum Beispiel auch in einem Videotelefonat mit den Großeltern. Fatous Großvater stammt aus Gambia und ihre Oma ist eine weiße Deutsche.


KEINE PROBLEMKINDER


Mit ihrer Freundin Kieu My spricht Fatou über ihr Gefühl der Entwurzelung, das für sie mit einer sprachlichen Barriere verbunden ist. Auch hier finden sich viele Schwarze oder PoCs wieder, die die Muttersprache ihrer Eltern oder Großeltern nicht verstehen oder kaum sprechen. Fatou hat trotzdem eine gesunde Beziehung zu ihren Eltern und Großeltern. Das ist nicht selbstverständlich: Jugendliche mit Migrationsgeschichte werden medial oft als Problemkinder dargestellt. Die Probleme haben sie meist aufgrund ihrer Herkunft. Auch Fatou hat in DRUCK Schwierigkeiten in der Schule: Aber es ist klar, dass diese auf ihre Rechenschwäche zurückzuführen sind - was das Klischee der faulen und unzuverlässigen Schwarzen Person unwirksam macht.


Auch Fatous Queerness und ihre Beziehung zu ihrer Klassenkameradin Kieu My sind in DRUCK für niemanden aufsehenerregend. Zwar wird klar, dass es auch hier Vorurteile gibt, als einer der anderen Charaktere fragt, ob sie oder Kieu My »top« sei - also den sexuell aktiven Part in der Beziehung übernimmt. Das Thema wird jedoch schnell abgehandelt durch die unterstützenden Reaktionen ihrer Freund:innen. Auch Fatous Bruder weiß, dass sie lesbisch ist und nimmt dies als Gegebenheit hin. In der Realität sieht dies für viele Schwarze Queers anders aus: Homosexualität wird auch in vielen Schwarzen Communities abgewertet, meist aufgrund von Religion. Wer Schwarz ist und queer, erfährt also auch hier Diskriminierung und Ausgrenzung.


EINE UTOPIE, DIE SICH KLISCHEES ENTZIEHT


Die Serie jedoch stellt Fatous Schwärmerei, ihre Sehnsucht und ihre Beziehung zu Kieu My auf dieselbe Ebene wie eine Heterobeziehung. Es gibt Unsicherheiten und Diskussionen, aber auch Glück und Liebe - ganz wie in jeder anderen Partnerschaft. Weder im privaten Raum noch in der Öffentlichkeit verstecken die beiden ihre Liebe.


Fatous Charakter entzieht sich der Darstellungsform der Schwarzen Frau, die nur sichtbar wird, wenn sie aggressiv, laut und wütend ist. Mit ihrer ruhigen und empathischen Art repräsentiert sie ein neues, aber realitätsnahes Bild einer Schwarzen Frau, die trotz allem für sich selbst einsteht. DRUCK mag eine Utopie zeigen, in der Rassismus kaum existiert - doch endlich gibt es hier eine Figur, mit der sich junge, deutsche, queere Schwarze Frauen identifizieren können. Mag sie auch fiktional sein.


Die Autorin Albertina Pangula (Foto: Nhi Hoang)


Albertina Pangula studiert an der Universität Passau Medien und Kommunikation. Schon als kleines Kind liebte sie es zu lesen, doch was ihr immer fehlten, waren Vorbilder, die so aussahen wie sie. Deshalb schreibt sie im privaten Rahmen Texte über Identität und Schönheitsideale. Sie befasst sich mit den Themen Rassismus und Feminismus und möchte mit dem Schreiben Menschen zur Selbstreflektion anregen.


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