KONTAKTSCHULD-VORWÜRFE GEGENÜBER MUSLIMISCHEN GEMEINDEN
WERNER SCHIFFAUER LEHRTE BIS ZU SEINER EMERITIERUNG IM JULI 2017 VERGLEICHENDE KULTUR- UND SOZIALANTHROPOLOGIE AN DER EUROPA-UNIVERSITÄT VIADRINA IN FRANKFURT (ODER).
Viele muslimische Organisationen oder Aktivst:innen sehen sich sogenannten »Kontaktschuld-Vorwürfen« ausgesetzt. Sie werden aufgrund von punktuellen Kontakten zu potentiellen Verfassungsfeind:innen erklärt – etwa, weil sie einen umstrittenen Prediger eingeladen oder neben jemandem auf einem Panel gesessen haben. Für die Betroffenen kann das verheerende Folgen haben: Fördergelder werden entzogen, langjährige Kooperationen aufgekündigt.
Im Gespräch mit BLIQ erklärt der Kulturwissenschaftler Werner Schiffauer, wie Kontaktschuldvorwürfe entstehen, warum sie problematisch sind und was Journalist:innen helfen könnte, solche Vorwürfe besser einzuschätzen.
Herr Schiffauer, Sie forschen seit vielen Jahren zu sogenannten Kontaktschuldvorwürfen. Die meisten Leute können wahrscheinlich nicht einmal mit dem Wort etwas anfangen. Was genau meinen Sie, wenn Sie von »Kontaktschuld« sprechen?
Wer Kontaktschuldvorwürfe erhebt, der konstruiert aus einem bloßen Kontakt eine weltanschauliche Nähe: Weil Person X schon einmal mit Person Y in Kontakt war, verfolgen sie dieselbe Agenda. Man schenkt sich also die inhaltlichen Belege für die Behauptung, dass X dasselbe Weltbild hat wie Y.
Was für Gruppen betrifft das besonders häufig?
Im Augenblick betrifft das vor allem islamische Gemeinden, die zu jemandem Kontakt hatten, der oder die der Muslimbruderschaft oder auch der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş zugerechnet wird. Anlass kann beispielsweise sein, dass man gemeinsam an einer Veranstaltung teilgenommen hat. In letzter Zeit fällt auf, dass der Kreis derer, die auf der Grundlage von Kontaktschuldvorwürfen Angriffen ausgesetzt sind, immer weiter wird. Es gibt kaum eine Gemeinde mehr, die sich sicher sein kann, dass nicht aus irgendwelchen Netzwerkverbindungen eine Kontaktschuld gestrickt wird.
Vor vier Jahren flog auf, dass Dititb-Imame Informationen über türkische Oppositionelle in Deutschland nach Ankara weitergeleitet hatten. Die Millî Görüş geht auf eine islamistische Bewegung in der Türkei zurück, zumindest in ihren Ursprüngen war sie anti-säkular, antiwestlich, führende Mitglieder äußerten sich oft auch antisemitisch. Was ist falsch daran, Kontakte zu solchen Verbänden zu problematisieren?
Es gibt viel, das man an diesen Vereinen kritisieren kann. Aber Sie dürfen nicht vergessen, dass das zugleich auch die mitgliederstärksten Verbände in Deutschland sind. Sie sitzen in vielen Gremien, man kommt nicht an ihnen vorbei. We nn jeder, der mal mit ihnen in Kontakt stand, verdächtig ist, dann bleibt nicht mehr viel übrig.
Hinzu kommt: Sie haben sich in Flügel ausdifferenziert. Ein bloßer Kontakt besagt deswegen kaum etwas. Und: Kontaktschuld-Vorwürfe funktionieren ähnlich wie Viren – sie sind ansteckend. Wenn Verein A Kontakt zu der Muslimbruderorganisation B hatte, ist A danach infiziert. Wenn nun aber ein dritter Verein C Kontakt zu A aufnimmt, dann ist plötzlich auch C infiziert – obwohl er nie selbst Kontakt zu den Muslimbrüdern hatte. Es ist wie ein Krebsgeschwür, das immer weiterwächst.
Das sind starke Worte. Der Verfassungsschutz, etwa in Baden-Württemberg, rechnet Organisationen wie Millî Görüş dem »legalistischen Islamismus« zu. Der Vorwurf ist: Man hält sich nach außen an Recht und Gesetze, um eine extremistische Agenda zu verdecken. Ist es da nicht nur natürlich, dass Behörden und Gesellschaft sehr genau hinschauen, mit wem sie sprechen?
Ich habe mich in meinem Buch »Nach dem Islamismus« kritisch mit dieser Zurechnung auseinandergesetzt. Sie ist allzu vereinfachend und schematisierend. Denn fast überall gibt es zwei Flügel: Es gibt einerseits die Optimist:innen, die sagen: »Ja, wir können in Deutschland den Islam leben, wir können uns einbringen.« Und dann gibt es die Pessimist:innen, die sagen: »In diesem islamophoben Haufen wirst du nie einen Fuß auf den Boden kriegen. Du musst dich selber verbiegen, um Gehör zu finden und am Schluss wirst du auf die Schnauze fallen.«
Und der Kontaktschuldvorwurf ist nun Wasser auf die Mühlen der Pessimisten?
So ist es. Denn die Kontaktschuldthese richtet sich immer gegen die Optimist:innen, die eh schon unter Beschuss sind. Gegen die Pessimist:innen braucht es keine Kontaktschuldhypothese. Die vertreten ihre Positionen ganz offen, da kann man einfach ihre Äußerungen kritisieren. Aber die Brückenbauer:innen werden unterminiert. Denen wird vorgeworfen, Wölfe im Schafspelz zu sein.
Das ist natürlich verheerend, wenn es Unschuldige trifft. Doch was, wenn der Vorwurf stimmt? Welcher Islamist würde schon von sich selber sagen: »Hallo, ich bin ein Verfassungsfeind.«
Klar würde er das: Ich arbeite seit fünfundzwanzig Jahren über islamische Gemeinden und kann Ihnen versichern, dass überzeugte Islamist:innen aus ihrem Weltbild keinen Hehl machen. Die Aufrufe, zum Beispiel, sich dem IS anzuschließen, ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Wenn man aber Zweifel an den Äußerungen von Brückenbauer:innen hat, gibt es einen goldenen Weg: Sie arbeiten in der Regel seit Jahren mit deutschen Institutionen zusammen. Sie sind Teil der Zivilgesellschaft, engagieren sich im interreligiösen Dialog, arbeiten mit den Kirchen zusammen, vielleicht auch mit jüdischen Gemeinden. Sie könnten als Journalistin diese Partner um eine Einschätzung bitten. Denn die kennen die Gemeinden über Jahre hinweg und können ein durchaus differenziertes Bild liefern.
Manchmal melden sich bei Kontaktschuldvorwürfen eben diese Partner zu Wort. Als der muslimischen Umweltinitiative Nour Energy wegen angeblichen Muslimbrüder-Verbindungen ein Preis aberkannt wurde, schrieb ein interreligiöser Arbeitskreis aus Darmstadt einen Brief zu ihrer Unterstützung. Oft wird den Unterstützer:innen dann vorgeworfen, naiv zu sein. Von außen ist oft kaum zu erkennen, wer Recht hat.
Man kann sich die Urheber:innen anschauen. Ich würde sagen: Die Einschätzung eines Partners oder einer Partnerin, der die Beschuldigten seit Jahren kennt, ist eine solidere Quelle als eine einzige Begegnung, aus der eine Kontaktschuld konstruiert wird. Zumal diese Anschuldigungen oft von Aktivist:innen im Internet erhoben werden, die mit den Betroffenen noch nie persönlich gesprochen haben.
Nicht selten basieren Kontaktschuldvorwürfe aber auch auf Erkenntnissen des Verfassungsschutzes: Verein X wird oder wurde vom Verfassungsschutz beobachtet. Journalist:innen lernen in der Ausbildung staatliche Behörden als »privilegierte Quellen« zu behandeln. Das heißt, dass ihre Angaben in der Regel als wahr betrachtet werden dürfen, auch ohne zweite Quelle. Der Verfassungsschutz beobachtet diese Leute also, weil er sie für potentiell gefährlich hält. Wäre ich da nicht naiv, mich stattdessen auf einen interreligiösen Gesprächskreis zu verlassen? Über die NSU-Terroristen haben ihre Nachbarn auch hinterher gesagt, das seien nette Leute gewesen. Verstehen Sie den Konflikt, den ich habe?
Es geht mir nicht um nette Nachbarn, mit denen man Beziehungen über den Gartenzaun hat! Es geht mir um Akteur:innen aus der Zivilgesellschaft, die ihrerseits einen Beruf besitzen und sich auf eine enge Zusammenarbeit über Jahre eingelassen haben. Man kann aber natürlich auch genau nachfragen als Journalistin, auf wen die sich da eingelassen haben. Sie werden dann schon von ihren konkreten Erfahrungen erzählen. Die andere Quelle, bei der man allerdings genauer nachfragen sollte, ist der Verfassungsschutz.
Wie meinen Sie das?
Sie haben es gerade selbst geschildert: Der Verfassungsschutz genießt einen Vertrauensvorschuss. Das müsste eigentlich ein hohes Maß an Verantwortung mit sich bringen. Ich forsche seit Jahren zum Verfassungsschutz und eine Frage, die ich mir stelle, ist: Woher weiß der Verfassungsschutz das, was er weiß? Erstaunlicherweise sind die Erkenntnisquellen des Verfassungsschutzes äußerst begrenzt.
Aus gutem Grund, das ist rechtsstaatlich so vorgesehen - weil wir in Deutschland aus historischen Gründen keine Geheimdienste mehr wollen, die anlasslos Menschen bespitzeln…
Stimmt. Aber da liegt auch das Problem. Der Verfassungsschutz darf nämlich eigentlich sehr wenig. Er darf mit denjenigen, die er beobachtet, nicht direkt in Austausch treten. Er darf keine Interviews führen, er darf sich nicht einmischen. Alle Informationen, die er hat, sind also Informationen aus zweiter Hand: Neben den offenen Quellen sind es vor allem die Aussagen von Informant:innen. Und deren Aussagen sind, wenn man das überprüft, eine äußerst unsichere Quelle.
Warum?
Die Informant:innen des Verfassungsschutzes sind in der Regel Leute, die aus den Gemeinden angeworben wurden, keine geschulten Beobachter:innen. Diese ungeschulten Beobachter:innen sitzen nun also etwa bei Vereinssitzungen dabei. Sie müssen dann hinterher berichten, können aber keine Notizen machen, denn dann würden sie ja auffliegen. Also machen sie das aus dem Gedächtnis. Es ist eine Kette von Informationen, bei der leicht etwas verloren geht oder verfälscht wird.
Was zum Beispiel?
Was die Kette relativ unbeschadet übersteht, sind harte Informationen. Etwa: Morgen soll irgendwo eine Demo stattfinden oder – im schlimmsten Fall – eine Bombe platziert werden. Anders ist es, wenn es um Weltbilder geht. Jede:r Ethnolog:in weiß das: Weltbilder sind hochkomplex, sie sind oft ambivalent, kontextabhängig. Wenn da ein:e ungeschulte:r Beobachter:in eine differenzierte Beobachtung wiedergeben soll, und das auch noch aus dem Gedächtnis, ist das sehr schwer.
Der Verfassungsschutz arbeitet viel mit Kontaktprofilen: Wer hat mit wem geredet? Das Problem ist: In den Verfassungsschutzberichten heißt es dann ziemlich kryptisch, dass es »Bezüge« oder »Verbindungen« zu, sagen wir, der Muslimbruderschaft gibt. Welcher Art diese Bezüge sind, wird nicht ausgeführt. Auch auf Nachfragen erhält man keine Antwort. Netzaktivist:innen, die ihre eigene Agenda verfolgen, greifen diese Hinweise aus den Berichten auf, laden sie verschwörungstheoretisch auf und stricken dann ein Bild daraus. Dann wird eben aus der Aussage »die Gemeinde A hat Bezüge zur Institution B und diese gehört zur Muslimbruderschaft« schnell die Aussage: »Gemeinde A gehört zur Muslimbruderschaft.«
Warum sollten Netzaktivist:innen willkürlich muslimische Organisationen diffamieren?
Zum Teil gibt es, glaube ich, ein Rezeptionsproblem. Der Verfassungsschutz muss seine Erkenntnisse öffentlich machen. Er soll als eine Art Frühwarnsystem funktionieren. Es gehört zu seinen Aufgaben, das Gras wachsen zu hören. Er beobachtet also Kontakte und veröffentlicht diese in seinen Berichten. Reflektierte Verfassungsschützer:innen sprechen hier von »Hinweisen«, die bei der Bewertung durch zivilgesellschaftliche Akteur:innen berücksichtigt werden sollten. Sie entbinden diese jedoch nicht davon, sich ihr eigenes Bild zu machen. In der Öffentlichkeit wird das aber oft ganz anders verstanden, nämlich als finale Bewertung, wer verfassungsfeindlich ist und wer nicht.
Wirklich viel Aufmerksamkeit bekommen solche Vorwürfe aber erst, wenn sie von den Blogs in der Presse landen. Wie kommt es dazu?
So richtig Schmackes bekommt die Sache meist erst dann, wenn sich der problematische Kontakt skandalisieren lässt. Etwa, weil Organisation A mit öffentlichen Geldern gefördert wird oder gerade eine Auszeichnung bekommen hat. Es gibt Journalist:innen, die sich über solche exklusiven Nachrichten eine spannende Meldung erhoffen. Und wenn eine solche Meldung dann in der Presse ist, hat sich die Hypothese sozusagen erhärtet. Dann ist das keine Hypothese mehr, sondern ein Fakt.
Sie meinen, es kommt zu einer Vorverurteilung?
Es passiert manchmal das, was jeder Ermittlungsbehörde unterlaufen kann: Man geht nicht neutral an die Daten ran, sondern man hat einen vorgefassten Verdacht und versucht dann zu überführen. Wohin das führen kann, haben wir beim NSU-Komplex gesehen. Da war der vorgefasste Verdacht der, dass die Mörder:innen der Opfer aus dem eigenen »Milieu« kämen – und nicht etwa Rechtsextremisten seien. Also hat man in diese Richtung ermittelt und alles andere übersehen.
Wie passiert so etwas in der Praxis?
Ich habe einmal mit Verfassungsschützern geredet, die eine muslimische Organisation beobachtet haben, die sich gegen Antisemitismus engagiert hat. Das zu beobachten, haben die Verfassungsschützer aber gar nicht als Teil ihres Auftrags gesehen. Die sagten: »Uns interessiert nur das eine Phänomen, nämlich, dass es aus dieser Gemeinde auch antisemitische oder israelfeindliche Äußerungen gegeben hat.« Man erwähnt also nur die problematischen Momente. Gegenstimmen, Flügelkämpfe, interne Diskussionen werden überhaupt nicht mehr wahrgenommen.
Dennoch kommt es durchaus vor, dass der Verfassungsschutz seine Meinung ändert. Etwa bei der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş war das so. Es gibt immer mehr Landesämter für Verfassungsschutz, die die IGMG in ihrem Bundesland nicht mehr beobachten. Noch ein Beispiel: Die Berliner Dar es Salam-Moschee klagte erfolgreich gegen ihre Erwähnung im Berliner Verfassungsschutzbericht. Die Richter haben dem Verfassungsschutz untersagt sie zu erwähnen, weil in den Berichten nicht klar wurde, ob der Moscheeverein selbst extremistisch sei oder nur Verbindungen zu Extremist:innen habe.
Es gibt Lernprozesse. Nur: In der Öffentlichkeit nützt das nichts. Selbst wenn 14 von 16 Verfassungsschutzbehörden eine Organisation aus dem Bericht nehmen, dann wird manch ein Blog dennoch auf die zwei verbliebenen verwiesen. Meistens sind das übrigens Baden-Württemberg und Bayern. Auch die Dar as-Salam-Moschee wurde nach dem Urteil in dem Bericht nicht mehr erwähnt – in der Presse ging die Vorverurteilung trotzdem weiter. Das macht hoffnungslos.
Selbst wenn ein Bericht keine Beweise für eine Nähe findet: Liegt es nicht auch in der Verantwortung des oder der Einzelnen – und umso mehr von Organisationen – sich klar und deutlich von radikalen Strömungen abzugrenzen?
Wenn es konkrete Äußerungen gibt, dann spreche ich nicht von »Kontaktschuld«. Wenn jemand gegen die »Corona-Diktatur« wettert, brauche ich keine Kontaktschuldvorwürfe. Die werden erst relevant, wenn es solche Äußerungen eben nicht gibt. Und gerade hier sieht man einen deutlichen Unterschied in der Art, wie wir etwa mit Rechten und Muslim:innen umgehen. Wenn ein:e Vertreter:in einer rechten Organisation sich plötzlich irgendwo pro Israel oder pro Flüchtlinge äußert, dann heißt es: »Schau mal, ein geläuterter Rechter.« Wenn ein:e Muslim:in sich hingegen über Jahre im Dialog engagiert, dann ist die Rede vom »Wolf im Schafspelz«. Das ist eine Umkehr der Beweislast.
Was können die Betroffenen dem entgegensetzen?
Das perfide ist: Sie können fast nichts tun. Die Kontaktschuldthese besteht darin, dass man schuldig gesprochen wird. Und alles, was man dagegen hervorbringt, wird als Ausrede verstanden. Im besten Fall können die Gemeinden ein Gerichtsurteil erwirken. Doch selbst ein klarer, gerichtlicher Sieg hindert einschlägige Kreise überhaupt nicht, die alten Vorwürfe immer wieder anzubringen.
Sie sagen es selbst: In den meisten Fällen gibt es diesen Freispruch nicht. Als Journalistin bringt mich das in eine Zwickmühle. Ich kann den Kontaktschuld-Vorwurf in meinem Bericht aufgreifen und damit dazu beitragen, dass er sich verfestigt. Oder ich kann ihn ignorieren und mich damit dem Vorwurf aussetzen, blauäugig zu sein und womöglich potentielle Islamisten öffentlich »reinzuwaschen«. Was kann man in so einer Situation tun, um sich Gewissheit zu verschaffen?
Ich würde mir von den Betroffenen ihre Sicht der Dinge schildern lassen und unvoreingenommen an die Gespräche rangehen. Nicht mit der Grundannahme: Hier werde ich gleich über den Tisch gezogen. Sondern mir überlegen: Welche Belege gibt es für die Behauptungen? Was mich ärgert, ist, dass es Journalist:innen gibt, die blitzschnell vorverurteilen – ohne je mit ihrem muslimischen Gegenüber gesprochen zu haben.
Und die damit letztlich auch dazu beitragen, dass bestimmte Aushandlungsprozesse verhindert werden?
Natürlich. Die Kontaktschuldhypothese ist eine soziologische Halbwahrheit. Einerseits: Ja, in Kontakten werden Weltbilder konstruiert. Aber: In Kontakten werden auch Weltbilder relativiert und überprüft. Wenn man neue Menschen trifft und sich austauscht, dann geht man unter Umständen auch von seinen vorgefassten Meinungen ab. Und genau das passiert in vielen islamischen Gemeinden. Es gibt Flügelkämpfe. Mein Punkt ist: Dann wäre es doch sinnvoll, denjenigen Flügeln, die in die Gesellschaft hineindrängen, Raum zu geben und sie zu bestärken. Aber genau das sehe ich nicht. Die Mehrheitsgesellschaft geht davon aus: Die sogenannten Reformer:innen sind nur eine schöne Fassade. Die anderen Stimmen sind die eigentliche Botschaft. Und so bricht der Prozess ab.
Danke für das Gespräch.
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